Aber ich habe zumindest schon mal einen Vorgeschmack für euch. Mittendrin rausgeschnitten. Aber Kenner der beiden ersten Bände finden sich sicher schnell zurecht... Nicht beim Essen lesen! :)
Hier eine Leseprobe aus dem dritten Band!
Kaputte Leuchter werfen ihre Schatten voraus
‚Die Lampe‘ von der Mama
sprach, war tatsächlich der in unserem dänischen Ferienhaus sehr ähnlich
gewesen. Ich kannte sie vor allem von Fotos, denn sie war schon einige Jahre
nicht mehr in unserem Wohnzimmer. Die Zwillinge hatten bei einer
Sofakissenschlacht ganze Arbeit geleistet und vor sicher vier oder fünf Jahren
den elektrischen Kronleuchter mit Schwung abgehängt und völlig zerlegt. Sam
behauptete, es war ein Kissen. Noah erzählte, sie hätten Musketier gespielt und
sich erst mit ihren Plastikdegen bekämpft, dann mit den Kissen. Schließlich sei
Sam auf die Idee gekommen, sich wie in dem Film, den sie am Abend zuvor gesehen
hatten, an den Kronleuchter zu schwingen. Die Idee war zwar einerseits cool,
andererseits auch ziemlich blöde. Denn egal ob Kissen oder Musketier – der
Kronleuchter überlebte das Spiel nicht! Gar nicht!
Mama war damals furchtbar
traurig gewesen, denn der Leuchter hatte sie immer an ihre Großeltern erinnert.
Einige Zeit später kam uns Tante Irmchen besuchen und wunderte sich, warum wir
im Wohnzimmer nur ein paar Kabel und eine Glühbirne statt einer Lampe über dem
Tisch hängen hatten. Mama erzählte zerknirscht von den Kissenmusketieren und
bevor Tante Irmchen wieder abreiste, drückte sie Mama einen Bündel Geldscheine
in die Hand, um sich eine schöne neue Lampe zu kaufen. „Was sollen denn auch
die Leute denken, wenn beim Pfarrer im Wohnzimmmer nur ne nackte Birne hängt?“
„Das war vor Jahren!“
murmelte Mama. „Vor Jahren!“
„Und?“ fragte Lena. Sie
legte sich Noel über die Schulter und klopfte ihm sacht mit der flachen Hand
auf den Rücken.
„Sie kommt wieder!“,
stöhnte Mama. „Tante Irmchen kommt nach Jahren wieder und wir haben immer noch
keine Lampe gekauft!“
„Wir wohnen ja auch nicht
mehr in dem alten Haus“, versuchte ich Mama zu beruhigen.
Mama nickte. „Ja, aber
was hängt über unserem Tisch im Wohnzimmer?“
Ich musste grinsen. „Eine
nackte Glühbirne!“
Mama wimmerte.
„Es ist ja nicht so, dass
wir es nicht versucht hätten!“, fuhr Mama fort.
Und das stimmte.
Mama hatte uns kurz nach
Tante Irmchens Abreise ins Auto gepackt und war mit uns zu IKEA gefahren, um
eine schicke neue Lampe zu kaufen. Papa hatte sich extra den Nachmittag
freigeschaufelt. So saßen wir zu sechst im Bus und überlegten, was genau wir
dort wohl machen würden. Mo war damals noch sehr klein und drum kam er in den
Buggy und musste mit Mama und Papa durch die Ausstellung. Sam, Noah und ich
wollten lieber in den Kinderbereich mit dem Bällebad und dem Kino. Das fanden
auch Mama und Papa eine ziemlich tolle Idee. Sie gaben uns im Erdgeschoss ab (obwohl Noah und Sam schon viel zu alt waren, drückten die Bällebadmitarbeiterinnen ein Auge zu)
und wir hatten eine Menge Spaß.
Während Mama und Papa
gemütlich durch die Möbellandschaften spazierten, war Mo irgendwie aus den
Gurten des Buggys geschlüpft und wanderte auf eigene Faust durch die Bettenabteilung.
Es dauerte fast eine Dreiviertelstunde, bis sie ihn wiederfanden. Er war in das
gleiche Gitterbett geklettert, dass er von zu Hause kannte und war dort
erschöpft eingeschlafen. Als sie endlich in der Lampenabteilung angekommen
waren, waren Mama und Papa bereits ziemlich gerädert. Mo dagegen war ausgeruht
und frisch und plapperte laut vor sich her. Da klingelte Papas Hosentasche.
Wenn man bei IKEA Kinder
zur Aufbewahrung abgibt, bekommt man ein kleines Gerät, mit dem man
benachrichtigt werden kann, wenn eines der Kinder dringend abgeholt werden
will. Oder muss.
Das Ding klingelte also
und Papa und Mama machten sich genervt auf, um bei uns dreien nach dem Rechten
zu sehen. Das war auch ganz gut so, denn bei uns gab es ziemlich Ärger. Sam und
Noah waren am Tag zuvor auf einem Kindergeburtstag gewesen und hatten dort
mächtig Kuchen, Pommes und Eis gefuttert. Wie sich später herausstellte, war
mit dem Eis was nicht in Ordnung gewesen. Das hatte Sams Magen gemeldet, als er
gerade im Bällebad saß. Er wurde bleich und wimmerte irgendwas und dann schoss
er in den Stand und versuchte durch die Bälle an den Rand zu kommen. Aber da
Noah das für ein lustiges neues Spiel hielt, warf er sich auf Sam, zog ihm die
Beine weg und der Kerl landete wieder in den bunten Bällen. Dann musste er sich
übergeben. Noah wich zurück und schrie um Hilfe. Eine der Betreuerinnen sah mit
einer Mischung aus Ekel und Mitgefühl auf den Jungen, der weinte und würgte und
einfach nicht mehr konnte. Eine andere Frau stürzte sofort zum Schreibtisch und
suchte die Nummer des Elternalarms raus. Als meine Eltern kamen, sahen sie Noah
und mich auf einem überdimensionalen Fliegenpilz sitzen, während Sam
schluchzend im Bällebad stand. „Nicht bewegen!“, raunzte ihm die zweite
Betreuerin zu. Die andere hatte die übrigen Kinder im Kinderkino
zusammengetrieben.
„Was ist denn hier los?“,
wollte Papa wissen und hechtete auf Sam zu.
„Sind Sie die Eltern?“, schnauzte die Frau.
„Sind Sie die Eltern?“, schnauzte die Frau.
„Höchstpersönlich!“,
sagte Mama mit ihrer Lehrerinnenstimme.
Papa hechtete in die
Bälle und zog den zitternden Sam heraus.
„Nicht!“, schrie die Frau. „Sie rühren das ja noch alles unter!“ Die Frau deutete auf die bespuckten Bälle vor Sam. Sie fuchtelte mit den Armen und war ganz außer Atem. „Sie …, Sie …! Was sind Sie denn für Eltern, dass Sie ein krankes Kind hier abgeben!“
„Nicht!“, schrie die Frau. „Sie rühren das ja noch alles unter!“ Die Frau deutete auf die bespuckten Bälle vor Sam. Sie fuchtelte mit den Armen und war ganz außer Atem. „Sie …, Sie …! Was sind Sie denn für Eltern, dass Sie ein krankes Kind hier abgeben!“
Papa übergab Sam an Mama
und baute sich vor der Frau auf.
„Was sind Sie denn für
eine Betreuerin, dass Sie sich nicht um ein krankes Kind kümmern, dem es
offensichtlich richtig miserabel geht und laut weint?“, konterte Papa
stinksauer.
„Was sollen wir denn
jetzt machen?“ schrie die Frau ihn an. „Wir müssen ja jeden Ball einzeln
schrubben! Was für eine eklige Sauerei!“
Bevor Papa noch etwas
sagen konnte, hatte Mama sich mit dem völlig platten Sam auf dem Arm zwischen
die beiden gedrängelt und sagte zu Papa: „Du holst die beiden anderen und Mo!“
Dann drehte sie sich zu der Frau um, nahm alle Kraft zusammen und sagte: „Es
tut mir wirklich leid.“ Und dann ließ sie die Frau da stehen und lief mit Sam
im Arm zum Ausgang. Papa nickte uns zu, pfefferte den Elternalarm auf den
Tresen, holte unsere Schuhe und warf sie in die Tasche unter dem Buggy. Dann
stampfte er Mama hinterher. Mo juchzte und winkte fröhlich. Noah und ich
rannten auf Socken hinter Papa und Mo her.
Wir machten nie wieder
einen Ausflug zu IKEA. Und Mama hatte auch keine weiteren Versuche unternommen,
die Lampe zu ersetzen.
Aber jetzt kam Tante
Irmchen wieder. Nach nur vier oder fünf Jahren. Und sie fände es sicher ganz
und gar nicht gut, wenn beim Herrn Pfarrer immer noch die nackte Birne über dem
Wohnzimmertisch baumelte.
Mama hatte unser vollstes
Mitgefühl. Aber direkt helfen konnten wir nicht. Wohl oder übel musste Mama
noch einmal losziehen und eine Lampe kaufen.
„Aber das Gute daran ist“, versuchte ich Mama zu trösten „dass Sam und Noah gar nicht mehr ins Bällebad dürfen!“
„Aber das Gute daran ist“, versuchte ich Mama zu trösten „dass Sam und Noah gar nicht mehr ins Bällebad dürfen!“
Mama lächelte schwach.
Sie seufzte tief und sagte schließlich: „Sam und Noah bleiben gefälligst zu
Hause. Und du und Mo auch! Das ziehe ich knallhart alleine durch!“