Vor ein paar Jahren geschrieben und gerade wieder brandaktuell!
Außer das mit den Kindergartenkindern...
Jeden Winter passiert mit mir das gleiche.
Erst
freue ich mich auf die kalte Jahreszeit. Ich sehne mich nach dem ersten
Schnee und hüpfe mit meinen Kindern völlig albern über die Sofas, wenn
die erste Flocke fällt. Ich genieße die Vanillekipferl meiner
Freundinnen (weil meine eigenen Backergebnisse über die obligatorischen
Butterplätzchen nicht herauskommen). Ich liebe die vielen Lichter und
Kerzen, die Adventszeit (vor allem seit wir Kinder haben) und
Weihnachten – ach ja Weihnachten!!! Dann kommt Silvester und ich plane
einen gemütlichen Abend mit Freunden und dem Kinderfeuerwerk (nur mit
ein paar Wunderkerzen o.ä, also ohne Krach und um 21:00 Uhr!!!) und dann
dem Erwachsenenfeuerwerk bei dem wir draußen frieren und uns wundern,
wo die Nachbarschaft das Geld hernimmt, um hunderte von Raketen in die
Luft zu feuern. Schööön!
Ja und dann… dann wird
mir der Winter lang. Sehr lang. In den letzten Jahren hatten wir auch
kaum Schnee und die düstere, graue Stimmung legte sich nicht nur auf
mein Gemüt, sondern auch auf das meiner Kinder. Ein feuchter Januar, ein
zugiger Februar mit nassen Spielplatzbänken, kahlen Bäumen und dunklen
Tagen… Als Mutter von zwei sehr lebhaften Jungs im Kindergartenalter ist
diese Zeit eine pädagogische Herausforderung.
Und
dann passiert es: Die ersten Prospekte landen in unserem
Briefkasten…von Baumärkten und Supermarktketten und Gärtnereien… und es
ist um mich geschehen!
Ich will Frühling! Und
zwar jetzt! Es muss schnell gehen und bunt werden, ach und habe ich
schon erwähnt, dass es JETZT sein soll? Also blättere ich in den
Prospekten und lasse beim Lebensmitteleinkauf auch gleich ein paar
Samentütchen in den Einkaufswagen wandern. Zucchini und Zierkürbisse,
Tomaten und Sonnenblumen, Kapuzinerkresse und Wicken. Alles völlig
anspruchslos und idiotensicher – also genau meinen Ansprüchen genügend.
Schon
auf dem Heimweg vom Einkaufen sehe ich die Blütenpracht vor mir,
schmecke ich die saftigen Tomaten und ich schnitze in Gedanken kleine
Muster in die winzigen Kürbisse, um sie im Herbst auf die Terrasse zu
stellen. Schnell noch einen Abstecher im Gartenzentrum gemacht, um
ausreichend Erde zum Vorziehen der Pflänzchen zu haben. (An der Kasse
des Gartenzentrums musste ich unbedingt noch die Kräutersamen und diese
neue Sonnenblumensorte mitnehmen.)
Und dann wird
es Frühling bei uns! Ich gebe mich nicht mit den Angaben auf den
Tütchen zum Thema „Aussaat“ ab. Das sind nur so ungefähre Zeitfenster,
für die, die so was noch nie gemacht haben. Und schon haben wir ein
kleines Gewächshaus und einen Balkonblumenkasten auf den Fensterbänken
unserer (sehr kleinen!) Essecke. Die Jungs sind begeistert und helfen
kräftig beim Gießen. Und schon nach wenigen Tagen werden wir mit den
ersten zarten Blättchen belohnt. Irgendetwas sprießt da! Es ist
Frühling! Im Februar!
Leider habe ich im Eifer
des Gefechts die Beschriftung der Töpfchen und Kästchen vergessen und so
freuen wir uns einfach mal über „Grün“. Die Sonnenblumen kann man dann
recht schnell erkennen. Sie wachsen hervorragend! Traumhaft! Bald
brauchen sie mehr Platz… Im normalen Gärtnerleben würde man sie jetzt
raus setzen, damit sie genug Platz für ihre Wurzeln haben und sich der
wärmenden Sonne entgegenstrecken können. Das ist Anfang März etwas
schwierig. Der Boden ist nämlich noch knackehart gefroren und von der
wärmenden Sonne haben wir schon lange nichts mehr gesehen.
Ein
bis zwei Wochen später kann ich mich schon über die Krokusse in unserem
Beet vor der Haustür freuen. Aber ein wenig trauere ich den
Sonnenblumen hinterher, die allesamt erst abgeknickt und dann mit Hilfe
meiner Kinder ersoffen sind. Dann also keine Sonnenblumen in diesem
Jahr.
Die Kapuzinerkresse macht sich ganz gut
und die Wicken lassen sich prima an den Schaschlikspießen heraufziehen.
Besagte Spieße üben allerdings eine ungeheure Anziehungskraft auf unsere
Söhne aus… Ständig sauge ich Erdkrumen aus der Essecke, die Zahl der
Tomatenpflänzchen nimmt stetig ab.
Anfang April
halte ich es nicht mehr aus. Es stehen 2 Kindergeburtstage an. Da kann
ich diese blöden Töpfchen auf der Fensterbank mitsamt den magischen
Spießchen nun wahrlich nicht mehr hier drinnen gebrauchen. Die Dinger
müssen raus! Sofort! Ich will endlich auch draußen Frühling haben. Der
Indoor-Frühling ist vorbei! Herr, mach schneller!!!
Mein
Mann macht die vorsichtige Bemerkung, dass ich vielleicht etwas zu früh
mit dem Vorziehen begonnen habe, da die Nächte noch sehr frostig und
die Tage sehr stürmisch sind…
Aber ich bin eben
nicht so gut im Anleitungen lesen. Ich bin viel zu ungeduldig für das
Kleingedruckte. Wenn wir ein neues Gerät anschaffen, packe ich alles aus
und schließe sofort alles an. Dann stecke ich den Stecker in die
Steckdose und wundere mich, weshalb das blöde Ding schon kaputt ist.
Mein Mann ist da deutlich strukturierter. Bevor er das Gerät auspackt,
studiert er die Bedienungsanleitung. Er holt dann Stück für Stück aus
dem Karton, legt jedes Kabel, jedes Schräubchen vor sich hin und beginnt
systematisch nach Anleitung mit dem Zusammenbau. Seine Geräte sind
selten kaputt…
Es ist völlig egal ob ich ein
Ikea-Regal oder eine Stereoanlage zusammensetzen muss, ich sehe das
jeweilige Teil bereits fertig vor mir und kann mich unmöglich damit
aufhalten, zunächst ein paar Seiten Papier zu studieren. Ich will
loslegen! Jetzt! Schnell! Sofort!
Wenn es dann
nicht sofort klappt (und auch nicht einmal beim zweiten Anlauf) werde
ich nicht nur nervös. Ich werde geradezu stinkesauer! Ich schimpfe auf
die schlechte Verarbeitung, die überkomplizierte Konstruktion und die
unmögliche Anleitung (die
ungeöffnet neben mir liegt). Es sind die Kinder schuld, die mich mit
ihrem Lärm halb wahnsinnig machen und mein Mann, der nie da ist, wenn
ich ihn brauche…
Mein geistliches Leben spiegelt
das auch wieder: Ich erwarte von Gott Veränderungen (z.B. an mir
selber) und kann es kaum abwarten, dass er endlich Hand anlegt. Ich bin
frustriert und enttäuscht, wenn es länger dauert, als ich ihm dafür Zeit
eingeräumt habe. Und natürlich bin ich nicht auf mich selbst sauer,
sondern auf Gott oder den Rest der Welt. Und wenn ich der Verzweiflung
nahe bin und meinem Herrn (und oft auch meinem Mann) mein Leid klage,
dann machen mich beide sehr sanft aber deutlich darauf aufmerksam, dass
es Dinge gibt, die wachsen müssen. Dass ich mir selbst und anderen mehr
Zeit zugestehen muss. Und dass es wichtig ist, sich an bestimmte
Schrittfolgen zu halten. Doch es fällt mir so schwer, die Dinge in
Gottes Hand abzugeben, seinem Zeitplan für mich und meine Welt zu
vertrauen und meine Begrenzungen zu akzeptieren. Mir geht der lange Atem
aus. Ich weiß so vieles besser… Jetzt! Schnell! Sofort!
Und
Gott macht sich die Mühe, mir ab und zu Einblick in seine Vorstellung
von Zeit zu geben. Wenn einer meiner Söhne dann doch noch mit dem
Sprechen anfängt, wo wir uns doch langsam zu sorgen begannen und die
Kinderärztin schon die Stirn runzelte. Wenn längst zerstört geglaubte
Beziehungen wieder heil werden. Und ich staune darüber, wie ich annehmen
konnte, ich hätte den Überblick über mein Leben, ohne mir auch nur die
Mühe zu machen, in die Bedienungsanleitung zu sehen.
Doch eins dürft ihr dabei nicht vergessen, liebe Freunde: Was für uns ein Tag ist, das ist für Gott wie tausend Jahre; und was für uns tausend Jahre sind, das ist für ihn wie ein Tag. 2.Petr 3,8
Gott
steht über der Zeit. Er ist Anfang und Ende gleichzeitig und mein
kleines Hirn wird das nie ganz begreifen. Es ist gut zu wissen, dass
eine Ewigkeit vor uns liegt. Ich kann es kaum abwarten...Ich will die
erste sein, die auf dem Schoß unseres himmlischen Vaters Platz nimmt, um
ihn mit allen meinen Fragen zu löchern. Jetzt! Schnell! Sofort!!!
Ich
pflanze also fröhlich summend, wenngleich mit von der Kälte klammen
Fingern meine Tomaten und Wicken und all das andere Grünzeug. Meine
Nachbarin lehnt sich über den Gartenzaun, schüttelt den Kopf und faselt
etwas von den Eisheiligen. Ich lächle nur…
Während
ich die Erde von meinen Fingern wasche denke ich über die Eisheiligen
nach. Du meine Güte, ich hab keine Ahnung, was genau es mit denen auf
sich hat. Nur dass an einem bestimmten Datum, welches ich mir
selbstverständlich nie merken kann, die Eisheiligen „sind“ und danach
darf man dann endlich seine Geranien herausholen. Ich habs nicht so mit
Heiligen und Bauernregeln. Damit bin ich genauso gut wie mit
Bedienungsanleitungen. Und mit Geranien habe ich es auch nicht.
Die
ersten Nächte raffen sämtliche Wicken und Tomaten, sowie die meiste
Kapuzinerkresse dahin. Dann wird es ungewöhnlich warm für diese
Jahreszeit und die restlichen Pflänzchen wachsen und gedeihen. Die
verbliebene Kapuzinerkresse wird von den Schnecken erledigt. Aber
Zucchini und Zierkürbis sind erstaunlich robust. Sie blühen und wachsen
und schon bald zeigen sich zu meinem großen Entzücken dicke grüne Würste
(Zucchinis) und verformte grüne Bälle (Kürbisse). Oh, Herr wie
wunderbar ist Deine Erde!
Im Herbst essen wir
erschreckend oft von den grünen Würsten. Das ist nicht sonderlich
praktisch, denn die einzige in unserer Familie, die gerne Zucchini isst,
bin ich. Meine Männer maulen und verweigern schon bald das gesunde und
wohlgewachsene Gemüse. Auch im Freundeskreis sind die meisten meine
Zucchini satt… Wenn ich mit den verräterischen Plastiktüten in der
Gemeinde auftauche, nehmen alle Reißaus. In Gedanken streiche ich
Zucchinisamen von meiner Einkaufsliste. Nie mehr! Da können sie noch so
unverwüstlich frostfest sein und noch so sehr wuchern.
Dafür
sind meine Kürbisse sehr beliebt, wenn auch nicht so zahlreich. Ach,
und eine Freundin hatte mir im Mai noch von ihren
Sonnenblumensprösslingen ein paar abgegeben. So viele, wie sie
ursprünglich mit ihren Töchter vorgezogen hatte, konnte sie nun wirklich
nicht pflanzen. Ich habe den Mund gehalten und sie dankbar
angenommen… und bekomme von vorbeiziehenden Passanten oft Komplimente
dafür.
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